9. Oktober 2019

Ab sofort: Meine Plein-Air Bilder und Urban Sketches auf dieser Seite

Der Reiter "Plein Air und Urban Sketching" 


Dafür, dass ich schon seit März 2018 dem Virus des Urban Sketching verfallen bin und mich bei der Gelegenheit auch immer tiefer in die Plein-Air Malerei eingearbeitet habe, mögen die verstrichenen 18 Monate bis zum heutigen Datum der Veröffentlichung dieser Arbeiten im Blog lang wirken. Doch muss ich zugeben, dass ich in der sonnigen Zeit lieber meine sieben Sinne vor dem Skizzenbuch oder der Staffelei in Anspruch nahm, als vor dem Bildschirm.

Ich wünsche allen ganz viel Spaß mit meinen Bildern. Und, wenn mal jemand Interesse an einem Bild haben sollte: Einfach mich kontaktieren.


5. Januar 2017

Perfektion - bilderlose Gedanken

Irgendwann in 2002: Meine jüngere Tochter und ich sitzen auf dem Fußboden. Vor uns ein Blatt Papier. DIN A1. Meine Tochter wirkt davor wie ein Zwerg. Dann legt sie los. Mit Pinsel und Wassermalfarben streicht sie in großzügigen Bahnen die Farben auf. Hier, dort und da. Dann ist das Bild fertig. Sagt sie. Ich bin beeindruckt. Von der Entschiedenheit ihrer Aktion. Von der Selbstsicherheit. Von der Fähigkeit, der Malerei ein Ende zu setzen. Und, zu guter Letzt, von dem Ergebnis. Begeistert hatte ich das Bild über meinen Arbeitsplatz zuhause gehängt. Es hing dort bis ich auszog. Leider mochte es aus meiner Familie sonst niemand. Es war für die anderen nur "Gekritzel".

Ein gutes Jahr später:

Die überaus talentierten malerischen Fähigkeiten ihrer sechs Jahre älteren Schwester konfrontieren meine jüngere Tochter mit einer unerreichbaren qualitativen Herausforderung. Dem kindlichen Drang zum Nachmachen sind plötzlich Grenzen gesetzt. Hinzu kommen Rückmeldungen im Kindergarten: Haus, Auto, Baum, Pferd, Auto und Menschen sehen anders aus, als von ihr gemalt. Ihre Schlussfolgerung: "Ich kann nicht malen". Das Ende ihrer Freude an der Malerei war besiegelt.

Jedes Mal, wenn ich an ihr "Erstlingswerk" denke, stimmt mich diese Entwicklung traurig.

Aber die Geschichte half mir, zu begreifen. Zu Verstehen, dass ich exakt mit dem gleichen Problem zu kämpfen hatte. Denn ich war der festen Überzeugung nicht malen, geschweige denn skizzieren zu können. Meine ständigen Versuche dienten nur der Beweisführung:
Meine Bilder waren nicht perfekt!

Was ist perfekt?

Die detaillierte Zeichnung, die jedes Gesichtshaar erkennen lässt? 
Das Landschaftsbild, in dem der Telegrafenmast bis in das kleinste Detail ausgezeichnet ist?
Das Meeresbild, welches das Gefühl einer hervorragenden Fotografie hinterlässt?

Ja, die Bilder sind perfekt. und ich bewundere die Künstler für ihr Werk.

Wie sieht es mit dem Strichmännchen eines spanischen Bauern von Miro aus?
Mit den zerfließenden Uhren von Dali?
Mit dem rückwärtsvorwärts fahrenden Piratenschiff von Klee?
Mit der ungleichmäßig blau bemalten Fläche des Bildes "Blau" von Miro?

Ich denke, auch diese Bilder sind perfekt. Auch hier bewundere ich die Künstler.

Ist das nun ein Konflikt?

Nach meiner Auffassung gibt es nur wenige Begriffe, die derart individuell geprägt sind wie Perfektion und Qualität. Denn alleine ich als Individuum lege die Maßstäbe für meine Beurteilung meiner Arbeit und der Arbeit anderer an. Das tue ich mittels meiner eingeprägten, erlernten, absoluten Wertmaßstäbe. Oder auch im Zuge eines Lernprozesses durch subjektive Beurteilung eines Augenblicks. Durch Einbindung meines Wissens über den Künstler, seine Zeit und die damals akuten Themen.


Weg auf dem Camino Françes, Spanien
Mein Beispiel ist der Feldweg:

Wie kann ich diesen Weg bewerten?

Meine Erwartenshaltung sagt mir, dass Feldwege immer rau, uneben, steinig, schmutzig, schlecht zu befahren und mit vielen planerischen Unwägbarkeiten gespickt sind. Er ist also in der Ausführung von niedriger Qualität.

Komme ich von dem Klettersteig zurück, so fühlt sich dieser Weg eher als erholsame Fläche an, auf der man zügig vorankommt.

Als Pilger suche ich ihn wegen seiner Abgeschiedenheit und der Güte des Belages im Vergleich zum harten, heißen Asphalt der Straße.

Auf dem Fahrrad störe ich mich an einigen Stellen an dem losen Sand oder Schotter, auf denen die Spur nur schwer zu halten ist. Vielleicht gibt es Stellen, an denen ich sogar das Rad schieben muss.

Mit dem Rennrad spüre ich die Schlaglöcher heftig und zerfahre mir den Reifen an den spitzen Steinen.

Mit dem Auto setze ich auf, beschädige meinen Unterboden, reiße Baugruppen ab.

Mit Inlinern auf diesen Weg? Das geht schon mal gar nicht!

Also, welche Güte hat der Weg nun?

Genauso ist das auch mit der Malerei.

Eine mikroskopisch genaue Abbildung einer Hummel in einem Pastellbild nötigt mir gegenüber der Künstlerin Respekt ab. Sehr wahrscheinlich haben ihr die investierte Konzentration und Zeit geholfen, innere Ruhe, Kraft und Balance zu regenerieren. Das Bild hat also perfekt seinen Zweck erfüllt.

Gilt das auch für einen energievollen Pinselstrich auf einer Leinwand?

Ich sage: Ja!

Es kann der befreiende Strich sein, der eine jahrzehntelange Blockade auflöst. Der Strich, der plötzlich vor der Angst befreit, eine Malfläche zu versauen anstelle das "perfekte" Bild darauf zu hinterlassen. Ein Strich, dessen Form, Farbe, Ausfransungen, Ausläufe und Brüche bei genauem Hinsehen sehr viel über den Menschen sagen, der diesen Mut besaß, einfach "nur" einen Strich abzubilden. Plötzlich füllt sich der Strich mit Leben, Formen, Assoziationen. Also hat doch auch dieses Bild seinen Zweck erfüllt.

Wieviel sagt dann erst ein Blatt Papier aus, vor dem ein Mensch stundenlang saß und es nicht gewagt hat, den ersten Strich zu machen? Die Spannung dahinter ist schlimmer als in den übelsten Thrillern! Ängste übelster Ausprägungen gefolgt von Zweifeln, von (Selbst-) Vernichtung und (Auto-) Aggression. (Selbst-) Mordgedanken folgen Verzweiflung und Trauer. Alles nur auf einem leeren Blatt Papier! Perfekt. Oder?

Wenn ich also in moderner Managementsprache Intention und Ergebnis einem "Benchmarking" unterziehe und sage: "100% erfüllt", dann habe ich per Definition ein perfektes Ergebnis abgeliefert. Dazu darf ich auch stehen!

Und die Qualität?
... ist subjektiv

Wenn ich mir gesagt habe "Mehr geht in diesem Bild nicht", entschließe ich mich auch zu der Aussage, dass das Bild meinem Qualitätsanspruch genügt. Ich schließe es also ab und widme mich einer neuen Aktivität, gegebenen Falls auch einem weiteren Bild. 

Aber Qualität ist doch ein objektiver Standard! 

Zuhause, im Kindergarten und in der Schule galten Ansagen: Formen einhalten. Nicht übermalen. Keine Kleckse auf dem Papier. Keine sichtbaren Überreste einer übermalten Form. Genau sein. Keine Pinselhaare im Bild. "Saubere" Farben verwenden. Präzision, Mühe und Angstschweiß müssen ersichtlich sein!

Es gibt nicht wenige Gemälde berühmter Künstler, die wegen mangelhafter Ausführung diese Kriterien nicht erfüllen. Sie wären mit der Note "mangelhaft" benotet worden: Ungleichmäßige Pinselführung mit fleckigen Flächen, übermalte Ränder, übermalte Fehlversuche, versehentliche Farbkleckse, Pinselhaare en Masse und ungleichmäßig aufgetragene Firnis sind nicht selten. Glauben Sie nicht? Dann schauen Sie sich mal die Bilder der großen Im- und besonders der Expressionisten im Museum an. Die sind häufig ganz anders als auf dem Plakat oder in dem Kunstbuch - Sie werden schockiert sein!

Aber Qualität und Perfektion sind subtil. Denn bei jedem Galeriebesuch und mit jedem Bild, dass ich sehe, stelle ich mir die Frage, ob meine Bilder nicht hoffnungslos schlecht sind im Vergleich zum dem Kunstwerk, vor dem ich stehe.

Dann hilft mir nur noch, zu Hause meine Bilder zu betrachten. In sie zu einzutauchen und zu versinken. Bald darauf merke ich, wie sehr ich meine Bilder liebe. Wie viel sie mir sagen. Wie viel Kraft sie mir geben. 

Schließlich lerne ich daraus immer wieder neu, meine eigenen Abwertungen in den Griff zu bekommen. Freude an den Fähigkeiten Anderer löst in mir keine bleibenden Selbstzweifel mehr aus. 

Das Bild eines anderen Künstlers kann mich total faszinieren. Doch bleibt die Intensität meiner Beziehung zu meinen Bildern dadurch unverändert. Ich bin glücklich, sie gemalt zu haben, liebe sie und möchte sie nie anders gemalt haben.

Aber, ich habe es erst gelernt, nachdem ich den Entwicklungsprozess meines Kindes verstanden habe. Bei MitpatientInnen konnte ich in Kunsttherapeutischen Einheiten diese Geschichte repliziert sehen. Aber ich durfte auch erleben, was passierte, wenn ich diese Menschen zum "Unperfekten" anstiften konnte:

Plötzlich lachten wir beim Malen oder Gestalten. Wir fühlten uns wohl in unserer Haut. Selbst dann, wenn mal etwas nicht funktionierte. Angst war bei ihnen dann Geschichte. Wir konnten wieder sagen: " Fertig"

Plötzlich machte Kunst wieder frei und glücklich. Kindlich. Unbeschwert.

Und genau dieses Gefühl entsteht jedes Mal in mir, während ich an meinen Bildern arbeite.

Nicht immer sofort.

Denn nach längeren Schaffenspausen kommt schon ab und zu der unzufriedene Erwachsene in mir durch und mault, weil sich ein Bild nicht so wie erwartet entwickelt. Dann aber nehme ich ihn zur Seite, sage ihm, dass für mich alles so, wie es ist, auch perfekt ist und er sich bitte nicht einzumischen hat.

Das wirkt. Immer.

Spätestens jedoch, wenn ich mir das Bild ansehe und sage:

"Fertig"

Spaziergänger - Acryl auf Malkarton, Lackierrolle

2. Juli 2016

Ich bin dann mal in Schwetzingen

Freude!

Riesen Freude!!!

Ich habe Gelegenheit bekommen, bei der Ausstellung "AugenweiTe 4" unserer Künstlergruppe WieArt Rhein-Neckar mitmachen zu dürfen.


Vom 16.08. bis 30.08. kann ich ein paar Bilder hängen. 


Unser künstlerischer Leiter hat zwar schon ein paar Bilder vorausgewählt. Aber welche davon letztendlich hängen, entscheidet sich erst beim Hängen der Ausstellung.

Hier die Auswahl:



27. Januar 2016

Die Wirkung von Wasser auf mich

Es gibt viele Menschen, die sich intensiv mit den Wirkungen von Wasser auf die menschliche Seele beschäftigt haben. Auch ich bin immer wieder überrascht, feststellen zu müssen, dass mich Meer, Küste, fließendes Wasser, ruhende Seen, extreme Brecher und das leise Knirschen kleiner Wellen im Uferkies einfach so zu fesseln vermögen.

Es ist nicht nur die Faszination für die Paarung von Ruhe



Ruhe und Frieden, Acryl auf Leinwand 120 x 90 cm
und Kraft,

Schwerer Sturm auf See, Acryl auf Leinwand 15x15cm

Schönheit

Schöner Tag auf dem Meer, Acryl auf Leinwand, 18x24 cm

und wüster Gewalt,


Sommerregen über dem Maarbachstausee, Acryl auf Papier


oder der Blick über die Bilder von Wasserspiegelungen im Fluss

Boot am Altrhein, Acryl auf Leinwand


oder auf dem See,

Prospector auf Tour, Acryl auf Leinwand, 18x24cm
die mich immer wieder neu belebt.
Auch die Momente, in denen ich mich den Herausforderungen des Umgangs mit Wasser stelle, halte ich für reine Ausdrücke von Freude und Präsenz.

Regatta, Acryl auf Leinwand
Es ist also nicht verwunderlich, dass ich schon sehr früh damit anfing, Schwedische Seenlandschaften,
Schwedischer Sommertag, Acryl auf Leinwand 18x24 cm
eindrucksvolle Steilküsten der Normandie oder der Englischen Kanalküste in meine Bilder zu integrieren.

Englische Steilküste bei Bournemouth, Acryl auf Malkarton
Auch stelle ich besonders bei meinen abstrakten, freien, Arbeiten immer wieder erstaunt fest, dass sich nach Vollendung eines Bildes vor mir bekannte maritime Landschaften, Szenarien und Erlebnisse ausbreiten, bei denen ich nie gedacht hätte, dass sie sich so tief in mein Unterbewusstsein einbrennen konnten.

Seien es die Sandlandschaften der französischen Atlantikküste,

Ferientag im Marais Poitevin, Acryl auf Papier
Stille im Marais Poitevin, Acryl auf Leinwand

Wilde Segelerlebnisse
Umsegelung von Cabrera im Mistral, Acryl auf Leinwand

oder einfach und immer wieder Erinnerungen an Momente der totalen inneren Ruhe, Entspannung sowie undefinierbarer verlangender Sehnsucht während des Aufenthalts an "meinem Meer", der Norddeutschen / Dänischen Nordseeküste:
Stürmische Nacht im Wattenmeer, Acryl auf Leinwand
Träumen in den Dünen, Acryl auf Leinwand

Sonnenaufgang nach dem Sturm, Acryl auf Leinwand

Wattwanderung am Abend nach Neuwerk, Acryl auf Leinwand
Auf dem Polder, Acryl auf Leinwand









Deep in the Sea (Depression), Acryl auf Leinwand



Das Bild oben wie auch viele Andere zeigen auf, dass Wasser und Seele eng beeieinander liegen und sich Abstrakte Intuition an zutiefst prägende Erinnerungen bindet:

Sonnenuntergang am Lingenfelder Altrhein, Acryl auf Leinwand

Am Meer - Sonne geht, Regen kommt, Acryl auf Leinwand
Im Fluss, Acryl auf Postkarte
Gelegentlich ist das Dingliche näher als das Abstrakte,
Am Schluchsee, Acryl auf Papier


Badeplätzl bei Speyer Nr. 2, Acryl in A6 Moleskine Aquarellnotizblock


Badeplätzl bei Speyer,
Acryl in Moleskine Aquarellnotizblock


Badeplätzl Nr. 4 bei Speyer,
Pastellkreide auf Papier


Badeplätzl Nr. 4 zeigt dann den Versuch auf, die Sicht auf den Gegenstand der Betrachtung kubistisch zu abstrahieren.
Badeplätzl Nr. 3 bei Speyer,
Pastellkreide auf Papier


Aber auch die gegenständliche Darstellung weckt in mit Assoziationen:


Sommermorgen vor Saint Pierre Quiberon, Acryl auf Leinwand



Kleine Insel, Acryl auf Papier
Mit dem Klepper Aerius auf der Kieler Förde Nr. 1, Acryl auf Papier
(Bild meiner Tochter von einer Paddeltour)

Fischerboot am Atlantik bei Espinho, Portugal, Aquarellstifte auf Papier

Ravennabach in der Ravennaschlucht,
Acryl auf Papier
Mühlbach in der Ravennaschlucht,
Acryl auf Papier


Zu guter Letzt noch eine Bilderserie, in der ich mich mit dem Erlebnis eines besonders schönen Tages am Mainufer von Seligenstadt beschäftigt habe:

Mainufer bei Seligenstadt,
Acryl auf Leinwandkarton

Mainufer bei Seligenstadt,
Linoldruck auf Papier 6/6

Nebliger Morgen am Main (bei Seligenstadt),
Acryl auf Papier



15. Dezember 2015

Flucht - Immer eine Frage der Perspektive


Das Drama - 2015

Drama
Ein Arrangement mit Blick auf die Flüchtlingsituation an der ungarischen Grenze

2007 "Die Flucht"

Flucht aus Ostpreußen über das Frische Haff (Bild: ard.de)2007 strahlten die ARD den Zweiteiler "Die Flucht" aus. Viele Zuschauer, auch jüngeren Alters waren schockiert über die Umstände, unter denen sich plötzlich Angst, Verzweiflung, Schreck und Unglauben sich über die vor Kurzem noch heile Welt ausbreiteten. Glückliches, unbesorgtes Leben wich einem Zustand, der heute in Deutschland die Tierschützer auf den Plan rufen würde.


Ostfront 1945: Flucht übers "frische Haff" (Bild: MDR)Am Schlimmsten für die Geflüchteten aber war der Moment, in dem sie die vermeintliche Sicherheit Deutschlands erreicht hatten, nur um hier zu erfahren, dass sie als unerwünschtes Gelump aus dem Osten hin- und hergeschoben und unter erniedrigenden Bedingungen behandlet wurden.

Aus dem Wikipedia-Beitrag zu Ostpreußen stammt dazu diese Schilderung:
"Es wird geschätzt, dass von den bei Kriegsende etwa 2,4 Millionen Bewohnern Ostpreußens ungefähr 300.000 unter elenden Bedingungen auf der Flucht ums Leben gekommen sind. Unter den Menschen, die bei den Versenkungen der Wilhelm Gustloff, der General von Steuben und der Goya im Frühjahr 1945 starben, befanden sich auch viele Flüchtlinge aus Ostpreußen, einige Tausend pro Schiff."

Und weiter  in Plaent Wissen, "Deutsche Geschichte - Flucht und Verteibung":

"Die gewaltigen Flüchtlingsströme verlaufen quer durch das zerstörte Deutschland und treffen auf Menschen, die durch Bombenangriffe und Kriegshandlungen selbst kaum über das Nötigste zum Leben verfügen. Vielerorts werden die Neuankömmlinge daher misstrauisch beäugt und nicht selten feindselig behandelt. Es ist das Deutschland der "Stunde Null", und in den kriegszerstörten Ruinenlandschaften mangelt es an Wasser, Lebensmitteln, Medikamenten, Wohnraum, Kleidung, Heizmaterial und Arbeit. Viele Heimatvertriebene müssen jahrelang in Auffanglagern oder Baracken leben, Wohn- und Lebensraum muss erst neu geschaffen werden. Die Vertriebenen trifft neben den Strapazen der Flucht und dem Verlust der Heimat das Los des sozialen Abstiegs. Sie müssen mit leeren Händen den Neuanfang versuchen. Haus, Hof, Hab und Gut haben sie zurücklassen müssen."

Mittlerweile haben die meisten, der 2,1 überlebenden Menschen sich in Deutschland zurechtgefunden. Auch dank des Witschaftsbooms. Die herabwürdigende Behandlung der Ostpreußen und Sudeten, die ich selber noch in den 80er Jahren erlebt hatte, hat sich inzwischen erledigt.

Aber, was hat unsere Gesellschaft, was haben im Besonderen die Nachfahren dieser unglücklichen Menschen von der Tragödie gelernt?

Nichts!

Warum schreibe ich als Nachkriegskind darüber?


1960s Afghanistan par vs present day
Paghman gardens 1967 und 2007 Quelle Bill Podlich
Junge Frauen in Kabul - 1972
Quelle: Twitter
Während der oben genannte Film gedreht wurde, herrschte in Afghanistan schon ein viertel Jahrhundert Verwüstung, Unterdrückung und Unmenschlichkeit. Die meisten Menschen von uns kennen Afgahanistan garnicht mehr anders als diesen hoffnungslos in die Steinzeit zurückgebombten Fleck irgendwo hinter Pakistan und im Süden Russlands.

Quelle Bill Podlich

Wer will denn schon glauben, dass die heutzutage unbeachteten Länder Afghanistan, Iran, Irak, Syrien, Libanon noch bis in die späten siebziger Jahre hinein hochentwickelt waren? Dass im Land der Burkas noch vor 40 Jahren lebendige Kultur zusammen mit einem hochentwickelten westlichen Lebensstil vereint gelebt wurden?

Afghan girls coming home from school. "Afghan girls, as well as boys, were educated up to the high school level, and although girls (and boys) wore uniforms, the girls were not allowed to wear a chadri on their way to secondary school.  Able young women attended college, as did the men." - Peg Podlich
Westlicher Stil:
SchülerInnen in Kabul
Quelle: Bill Podlich
Doch genau aus diesem heile Welt-Szenario kommen die Menschen, denen man jetzt schon in der dritten Generation das Leiden unserer Ostpreußen antut:

Wer nicht zu den Taliban gehört, wird geschändet, misshandelt, getötet. Die Familie entehrt, beraubt, jeglicher Ernährungsgrundlage genommen.



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Kontrastprogramm
für Kinder
Quelle: Laura Savignelli


Diese traumatisierten Menschen wagen einen langen Treck raus aus dem Elend. Nur, dass, durch amerikanisches und europäisches Einwirken das Elend nicht im nächsten, übernächsten oder sonstwie leicht zu erreichenden Land endet. Sondern halt eben in Europa.

Und, wie auch die Ostpreußen vor 70 Jahren, erfahren diese Menschen nach langem Überlebenskampf an den innereuropäischen Grenzen, in deutschen Aufnahmelagern, bei deutschen Behörden und erst recht in der Öffentlichkeit eine brutale, Seele und Körper zerstörende "Willkommenskultur".

Allerdings haben diese Menschen das Pech, dass sie jetzt die Realität durchleben müssen, während wir mit durchfeuchtetem Taschentuch das fürchterliche Filmschicksal von Maria Furtwängler in dem Zweiteiler "Die Flucht" durchleben und die Ungerechtigkeit des Lebens beschimpfen.

Wäre diese Realität nicht so verdammt real, müsste sie der Phatasie eines wirklich zynischen Satirikers entsprungen sein.

Schöne Welt hinter dem Zaun

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