3. Dezember 2015

Auf Wiedersehen Rheingau - Ciao Wiesbaden

Weinberg im Rheingau

 
Weinberg im Rheingau, Acryl auf Leinwand, 20 x 20 cm

Meine ehemalige Wahlheimat, Wiesbaden, ist nach meiner Wahrnehmung die heimliche Hauptstadt des Rheingaus. So haben sich die Rheingauer Weinorte um diese alte Römerstadt herum entwickelt. Vom Weinort Wicker im Osten der Stadt als "Tor zum Rheingau" bis hin zu den berühmten Weinlagen in Rauenthal, Walluf, Eltville (samt Kiedrich und Kloster Eberbach), Frauenstein und nicht zuletzt auch dem Neroberg im Herzen Wiesbadens wird dem Anbau von Riesling auf wärmespeicherndem Schiefergestein gefröhnt.

Die von mir im Frühling 2014 aufgesuchte psychiatrische Vitos-Rheingauklinik liegt inmitten, aber wunderschön oberhalb, der eben genannten Weingegend. Mit dem Weinort Kiedrich zur Linken, Kloster Eberbach zur Rechten und voraus einem schönen Blick auf Eltville und den dahinterliegenden Rhein ist diese Lage optimal geeignet, dem depressiven Patienten auf die Sprünge zu helfen.

Nicht umsonst waren es wohl die Eindrücke dieser Landschaft, die in mir den Wunsch weckten, endlich Herr meiner Ängste vor der Malerei zu werden. Auch waren es die Einflüsse eines unfassbar schönen Morgens am 30.April, als ich auf einem Morgenspaziergang von dem gelb strahlenden Raps und der sich dahinter ausdehnenden Weinlandschaft derart fasziniert war, dass ich mich an mein erstes Bild wagte (Siehe "Mein erster Prototyp ...").

Die Intensität dieses Auslösers muss extrem gewesen sein. Denn damals befand ich mich in den Tiefen einer, mir aussichtslos erscheinenden Depression. Normale Eindrücke hatte ich bis dahin einfach als "na ja, geht so" abgetan. Ich glaube, nur Menschen mit Erfahrungen aus dieser Krankheit können verstehen, wovon ich hier schreibe.

Mit der Malerei hatte mich eine gewisse Neugier gepackt. Auch wenn ich ansonsten noch perspektivlos durch die Gegend strauchelte, so fesselten mich doch die Möglichkeiten, "einfach" auszuprobieren, Ergebnisse zu bewundern und anschließend so gut wie jedes Mal mit mir und meinen Fähigkeiten zufrieden zu sein.

Zum Ausprobieren gehörte auch, dass ich mich mit all den jahrelang gesammelten Utensilien und den davon ausgehenden malerischen Möglichkeiten auseinandersetzte.

Komplett fremd war mir unter Anderem bis dahin der Umgang mit Pastellkreide. Sie hatte für mich eher den Touch des Unklaren und Uniteressanten Malmittels. Umso überraschter war ich, als schon die preiswerten Kreiden aus den Hallen einer Essener Feinkost und Nonfoodkette ein für erstaunliches Ergebnis abwarfen:
Kiedrich. Blick auf Bassenheimer Hof und Burg Scharfenstein. Pastellkreide auf Papier. DIN A5
Auch begeisterte mich die von den Kreiden ausgehende Inspiration, in kubistischen Formen zu malen.

Diese Technik förderte in mir intensives Hingucken und die Auseinandersetzung mit der Reduktion der Eindrücke auf die bestimmenden Elemente.

Mit diesem Bild war aber auch gleichzeitig das Ende meiner Zeit im Rheingau und in Wiesbaden gesteckt. Ab jetzt galt es, von Wiesbaden als meinem langjährigen Zuhause Abschied zu nehmen und zu akzeptieren, dass sich mein Besucherstatus im Rheingau von "Einheimischer" in "Tourist"gewandelt hatte.

Ich muss zugeben, dass mir diese Wandlung nicht schwer fiel. Das liegt nicht unbedingt an meiner Zigeunerseele, sondern vielmehr an der Landschaft in der ich seitdem wohnen darf:

Dem Odenwald, über den ich in den nächsten Beiträgen berichten werde.

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