23. November 2015

Ich fange an, meinen Blick zu verstehen

Fischerboot am Atlantik bei Espinho

Aquarellstifte auf Papier 10 x 15 cm

  

In diesem Bild versuchte ich mich zum ersten Mal erfolgreich im Gegenständlichen. 

Noch kurz zuvor hatte ich davor einen unglaublichen Respekt. Ich sah zuviele Details, an denen ich scheiterte und dann im Frühstadium des Bildes aufgab. Bei Steinen sah ich die kleinsten Feinheiten und tausende von Schattierungen unterschiedlichster Intensität. Holzflächen waren für mich nicht reproduzierbar.

Doch jetzt begriff ich plötzlich Robert. M. Pirsigs Ansprache an einen Studenten, der es nicht hinbekam, ein Gebäude abzuzeichnen: "Wenn Du das Gebäude nicht malen kannst, dann male einen seiner Ziegelsteine" ("Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten").

Hatte ich füher gedacht, es ging darum, die Struktur des Gegenstandes zu verstehen, begriff ich nunmehr, dass es der Aufruf dazu war, nur das zu malen, was man auch sieht.

Sehe ich an einem Gebäude die interessante Oberfläche eines Ziegels und will diese abbilden, so konzentriere ich mich mit meinem Blick auf das Makro dieses Steines. Meine Aufmerksamkeit liegt also nicht bei dem Haus, sondern bei einem kleinen Teil dessen, der mir aus irgendeinem Grunde wichtig erscheint.

Mit diesem Blick lässt sich aber nicht das ihn umgebende Haus darstellen. Außer, ich konzentrierte mich sorgfältig von unten nach oben darauf, jedes Detail des Mauerwerks einschließlich der Fugen, der Fensterbänke, des Holzes der Fensterrahmen, der Glasflächen und der Details der von ihnen reflektierten Gegenstände zusammenzufügen.

Der erforderliche Schritt zum gegenständlichen Bild war also nur noch ein ganz kleiner:
Ich musste mich einfach darauf besinnen, was ich wirklich angesichts eines Hauses oder eines Bootes am Strand sehe und wahrnehme: Farbige Flächen unterschiedlicher Intensität und Schattierung mit z.T. auffallenden Details.

Wenn ich nur das Wahrgenommene abbildete, so merkte ich bald, kam ich plötzlich zu dem Ziel, welches zuvor für mich unerreichbar schien: Einem mich zufriedenstellenden, detailgetreuen, Abbild der Realität.

Nachdem ich diesen Punkt verstanden hatte, folgten ein paar Studien, die ich immer wieder zwischen meinen abstrakten Projekten in Angriff nahm.

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